Das Rennen mit und gegen die Eisheiligen
Im 2.100 Seelen-Dörfchen Bimbach in der Rhön, in einem familiären Umfeld, fand zum 27. Mal der Rhön-Radmarathon statt. Aber dieses Mal war es etwas anders.
Einschub Klimakunde:
Andreatus, Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophie waren in aller Munde.
Die vier waren keine der 5255 Starter des Rhön-Radmarathons, aber wohl jeder Fahrer gedachte an dem Pfingstwochenende in der Rhön diesen „Eisheiligen“. Es sind die Namen der Märtyrer und Bischöfe aus dem 4. und 5. Jahrhundert, denen vom 10. bis 15. Mai gedacht wird. Langjährige Klima Beobachtungen legen nahe, dass es Mitte Mai in Deutschland zu Kälteeinbrüchen mit Nachtfrösten kommen kann, weshalb diese frühchristlichen Würdenträger auch als die weithin bekannten „Eisheiligen“ bezeichnet werden. Polarluft findet dann ihren Weg nach Mitteleuropa und das bekamen alle Teilnehmer zu spüren.
Aber zurück zu dem Radsport-Event.
Vom Hibike-Racing Team startete ich an diesem Sonntag um 6:oo Uhr morgens alleine. Es war erst mein 2. Radmarathon. Den ersten fuhr ich 12 Monate zuvor an exakt der gleichen Stelle, allerdings bei 10°C höherer Durchschnittstemperatur.
Die bevorzugte Trikotwahl war am Pfingstsonntagmorgen „lang und dick“, gepaart mit 2mm Neopren an den Zehen.
Die Zahlen der Veranstaltung sind beeindruckend:
150 freiwillige Helfer sind das Herz der Veranstaltung, die vom kleinen Verein RSC ‘77 Bimbach ins Leben gerufen wird
5255 Starter waren es insgesamt an diesem Pfingstwochenende
1883 davon wagten sich auf die Marathondistanzen
3372 nahmen die RTF/CTF-Strecken in Angriff
312 haben „Bimbach 400“ bewältigt
(das sind an 2 Tagen insgesamt 400km und 6800 Hm!!)
Die 2000 Plätze der Veranstaltung waren schon im Januar leider innerhalb von 48h nach Freischaltung der Anmeldung restlos ausgebucht. Der hervorragende Ruf und die sozialen Medien waren wohl daran schuld.
Am Samstag konnte man RTF/CTF und auch die Familien-Tour fahren.
Der Sonntag war nun der Marathontag.
Folgende Strecken standen bei der Anmeldung zur Auswahl:
Tour E-Extrem: 258 km 4700 Hm
Tour C-Classic: 216 km 3700 Hm
Tour B-Basic: 180 km 2700 Hm
Ich hatte dieses Jahr die Strecke „E – Extrem“ im Visier, nachdem ich letztes Jahr schon die Classic Tour gefahren bin.
Spaß haben auf der Fahrt und sicher ankommen heißt mein Ziel.
Der Start erfolgte für mich mitten in der Nacht um 6:00 Uhr morgens. Die ersten Wellen in der Landschaft waren bei allen Fahrern willkommen, denn so kam man auf Temperatur. Nach 55km galt es zuerst die Ebersburg zu erklimmen mit ihren 637 Hm. Die Wasserkuppe mit ihren 950 Hm begrüßte uns nach 68 km im leichten Nebel bei 1°C.
Beim nächsten Anstieg auf 900m auf der „Langen Rhön“, schlug dann der Niederschlag in Form von Graupel/Regen zu.
Da musste jeder durch. Kälte, Regen, Graupel, starker und böiger Seitenwind bei den Abfahrten, der manchmal auch von vorne kam, forderten alles vom Fahrerfeld. Am Ende zeigten sich nur stumme Zeugen kurz am Straßenrand von dem Besuch des Winters im Mai, die dann auch wieder rasch bei 3°C schmolzen.
Aufgrund des Wetters entschied ich mich nach 120km „Extrem“ zu verlassen und der Tour „Classic“ bei Fladungen zu folgen.
Es war die richtige Wahl. Somit sparte ich mir die extra Schleife durch die Rhön bei den widrigen Bedingungen.
Die Stimmung unter den Radfahrern war auch im Feld immer noch recht gut und so flogen die Stunden nur an einem vorbei. Es bildeten sich spontan temporäre Gruppen und man nutzte den Windschatten. Sonne, Wolken und Niederschlag wechselten sich den ganzen Tag ab und das Thermometer zeigte meist auch nur einstellige Werte.
„Das heute haben nur die Härtesten geschafft“, zeigt sich Wolfram Michel, Vorsitzender des ausrichtenden RSC ‘77 Bimbach verblüfft von den Leistungen der Radfahrer, die die Marathons zwischen 180 und 258 Kilometern zurücklegten.
Im großen Festzelt wurde am Abend noch zusammen gefeiert, denn alljährlich wandelt sich das Radsport-Event am Nachmittag und Abend zum Volksfest. Bimbacher schauen da gerne einmal auf dem Sportgelände „Am Hädenberg“ vorbei, um mit den Sportlern und dem Verein das eine oder andere Bier auf die Bestleistungen des Tages zu trinken.
Am Ende des Tages wurde ich herzlich am Ziel begrüßt und war überglücklich es geschafft zu haben.
Immerhin zeigte der Tacho 222km bei 4200hm – für mich persönlicher Rekord.