Schon seit dem ersten Post von Pirelli, der in den sozialen Netzwerken einen Rennrad-Reifen ankündigte, war ich heiß auf diesen Reifen! Pirelli ist zwar beileibe nicht der erste Hersteller, der neben Autoreifen auch Fahrradreifen für den sportlichen Einsatz herstellt, doch Pirelli ist nicht erst seit seinem Formel 1-Engagement besonders für sportliche Reifen bekannt. So wurde der Reifen dann auch P Zero getauft, den gleichen Namen, den auch die Formel 1-Pneus tragen. Damit wurde der Anspruch gleich mal klar gestellt und die Erwartungen stiegen.
Im Zuge der Marketing-Kampagne wurden neben dem Namen auch technische Eckdaten bekannt. Neben dem Allrounder P Zero Velo gibt es noch zwei Versionen mit den Zusätzen P ZERO Velo TT und P ZERO Velo 4S.
- Der nur als 23mm-Version erhältliche TT ist besonders gewichtsoptimiert und für Zeitfahren und Triathlon gedacht.
- Der 4S (= four seasons) ist mit einer stärker pannengeschützten Karkasse und einer an kühle Temperaturen und feuchte Straßen angepassten Gummimischung ausgestattet.
Auf den Nassgrip legt Pirelli übrigens bei allen Velo-Reifen gesteigerten Wert, denn der Reifen soll sich unter allen Bedingungen vertrauenserweckend fahren.
Nur ein Fahrer, der seinem Material vertraut, wird auch seine Leistung abrufen können – klingt logisch!
Smartnet Silica-Gummimischung
Erreicht werden soll das vor allem durch die Smartnet Silica-Gummimischung. Diese verfügt über längliche statt gerundete Moleküle, die sich selbst parallel ausrichten und mit den anderen Komponenten der Gummimischung ein dicht gepacktes Netz bilden. Dadurch sind mehr Moleküle effektiv am Asphalt und es entsteht eine homogene Mischung, welche Vorteile im Rollwiderstand, Verschleiß und der Pannensicherheit bieten soll.
Verstärkt wird diese Wirkung durch die blitzförmigen Profileinschnitte.
Diese sollen so angeordnet sein, dass nicht nur die Wasserverdrängung, sondern auch die Auflagefläche in trockenen Kurven erhöht wird. Die aus dem Motorradrennsport adaptierte Technologie wird kombiniert mit einer in drei Bereiche unterteilten Lauffläche mit unterschiedlichen Funktionen und einer sehr flexiblen Karkasse. Leider gibt Pirelli hierzu keine Fadendichte an, aber die Karkasse macht in der Hand einen sehr feinen Eindruck.
Da sind sie – meine neuen Pirelli Pneus
Nachdem die interne Nachricht über die neu ins Sortiment genommene Marke kam und der Liefertermin bekannt war, dauerte es keine 10 Minuten nach Wareneingang bis ich mein Paar in den Händen hielt und natürlich erst mal in Augenschein nahm.
Die Karkasse wirkt wie gesagt sehr fein und lässt einen lebhaften, sich gut auch mit grobem Aspahlt verzahnenden Reifen erwarten. Das ist mir wichtig, denn was bringt ein toll rollender Reifen mit griffigem Gummi, den man nicht um die Kurven bekommt? Die Gummimischung selbst mit dem bloßen Auge zu beurteilen ist natürlich Blödsinn. Zwei Sachen kann man aber trotzdem feststellen: Erstens ist der gesamte Reifen sehr gut verarbeitet und zweitens ist er an der Lauffläche relativ dünn. Die aufgebrachte Gummimenge ist also eher im Bereich eines Schwalbe Pro One oder Specialized Turbo Cotton, als im Bereich eines Conti 4000, der schätzungsweise 40-50 % mehr Gummi auf der Lauffläche aufweist. Wenn das Smartnet Silica so funktioniert, wie es gedacht ist, sich entsprechend weniger abfährt und durch seine eng gepackten Moleküle besonders widerstandsfähig ist, muss das erst mal kein Nachteil sein. Ein Vorteil zeigt sich dafür gleich mal auf der Waage: Meine beiden Reifen bringen 203 und 204 g auf die Waage, was für einen 25mm-Reifen mal richtig wenig ist. Der Reifen wird übrigens mit einem schicken Gummiband zusammengehalten, dass man als Armband tragen kann – wer will.
Bei der Montage fällt auf, dass sich der Reifen selbst auf meine ZTR Alpha-Felge sehr einfach und ohne Reifenheber montieren lässt. Das vermindert das Risiko, den Schlauch einzuklemmen und spart Nerven. Auf meiner 20 mm-Felge (außen) fällt der 25er mit über 27 mm ziemlich breit aus, die silbernen Pirelli-Logos sind aufgrund der dünnen Linien angenehm unauffällig. Auf zum Fahrtest!
Praxistest des Pirelli P Zero Velo
Die erste Fahrt führte über bekannte Strecken im Vordertaunus. Besonders gespannt war ich auf den „Acker“ zwischen Idstein-Oberseelbach und Lenzhahn auf dem Weg zum Alteburger Markt. Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass Lenzhahn ausgerechnet eine belgische Partnergemeinde hat, denn die Straße dorthin erinnert mich sehr an die Asphaltqualität, die ich im Frühjahr bei der Flandernrundfahrt erfahren habe. Eine prima Reifenteststrecke 🙂 mit folgender Abfahrt zum ehemaligen Römerkastell. Hier macht der Pirelli den erwartet guten Job, verzahnt sich gut mit dem Asphalt und arbeitet sich mit gefühlt weniger Durchrollverlust durch den groben Asphalt. Die Karkasse funktioniert also so gut, wie sie sich anfühlte. Dazu passt das mehrmalige Gefühl „verdammt…, ich hab ´nen Platten“, was sich einfach nur als sahneweiches Abrollverhalten herausstellt. Auch auf der Abfahrt läuft er richtig schnell und ich durchbreche seit langem mal wieder die 70 km/h-Marke auf diesem Stück. Der Rollwiderstand lässt sich als Fahrer ja immer sehr subjektiv beurteilen. Aber die erreichte Höchstgeschwindigkeit auf dieser und anderen Abfahrten, in Kombination mit dem subjektiven Gefühl, zeigt doch, dass der Reifen mindestens auf einer Höhe mit den Top-Reifen spielt. Zahlen wird bestimmt in den nächsten Monaten ein Test in einem der einschlägigen Magazine liefern.
Was auch auffiel ist, dass der Reifen auf asphaltierten Feldwegen, auf denen ja eine Menge kleiner Schottersteinchen herum liegen, die sich gern mal in den Reifen bohren und entweder nervig klacken oder sich gar durch den Reifen bis zum Schlauch vorarbeiten und einen Platten verursachen, genau das eben nicht tut. Es bleibt kein einziges Steinchen im Gummi hängen. Hier ist die Theorie der dichten Mischung des Smartnet Silica-Compound auch deutlich in der Praxis erfahrbar. Beim Einlenken verhält sich der P Zero aggressiv und setzt Lenkbewegungen abrupt um. Das ist am Anfang etwas überraschend. Spätestens auf der zweiten Ausfahrt war ich daran gewöhnt und wusste, was ich dem Reifen in der Kurve zumuten kann. Mit diesem Vertrauen lässt sich sowohl in schnellen Kurven, vor allem aber auch engen Ecken noch mal einiges an Speed mit um die Kurven nehmen.
Erstes Fazit zum Pirelli Rennradreifen
In der Summe macht der Reifen einen sehr guten Job. Man kann die Theorie, die hinter der Entwicklung steckt tatsächlich erfahren, was bei Neuentwicklungen ja leider nicht immer der Fall ist. Aufgrund des Preises und des Einlenkens würde ich den Reifen keinem Anfänger empfehlen, aber für alle, die einen schnellen Wettkampfreifen mit breitem Einsatzspektrum suchen, ist er eine tolle Alternative zu den bisherigen Top-Reifen. Schade ist, dass es den Reifen momentan (noch?) nicht als Tubeless-Variante gibt. Das stand laut Pirelli zum Beginn der Entwicklung noch nicht auf der Agenda.
Über Langzeiterfahrungen, speziell die Performance im Nassen und die Haltbarkeit werde ich euch auf dem Laufenden halten.
Schönen Dank für diesen toll geschriebenen Praxistest 🙂
Hallo Marcus, freut uns sehr wenn dir unser Test weiterhelfen konnte!
Gute Fahrt und beste Grüße,
Nick – HIBIKE-Marketing