beitragsbild Flandern

Flandernrundfahrt 2017 oder auch Achterbahnfahrt durch die flämischen Ardennen

Nachdem es mich in den letzten beiden Jahren auf die Pavés von Roubaix gezogen hatte, wollte ich nach der „Königin der Klassiker“ dieses Jahr mit der Flandernrundfahrt, kurz „Ronde„, das nächste Monument des Radsports in Angriff nehmen. Es erschien mir logisch, dass ich vom flachsten Klassiker mit dem fiesesten Pflaster im nächsten Schritt ein paar Hügel mehr einbaue, ohne ganz auf das geliebte Pflaster verzichten zu müssen. Ein Kletterer bin ich nicht, aber das Fahren auf Pflaster macht mir richtig Spaß und noch dazu hat die Flandernrundfahrt den Ruf, die beste Stimmung zu haben 🙂 . Das Ronde-Wochenende ist ein flämisches Volksfest und schon in der Woche davor dreht sich in den nordwestlichen Provinzen Belgiens fast alles nur um Radsport. Bei der „Cyclo“ genannten Jedermannversion am Vortag des Profirennens nahmen dann auch über 16.000 (!) Radfahrer teil. Einer davon ich:

Eine Flandernrundfahrt braucht das richtige Wetter

Nach dem Abholen der Startunterlagen (Startnummer, Streckenaufkleber und ein paar Voucher) am Vortag (Freitag), ging es am Samstagmorgen mit dem Auto Richtung Oudenaarde. Der Wetterbericht am Vortag war nicht ganz eindeutig, wir gingen aber davon aus, dass der Regen, der die Autofahrt begleitete, sich bald legen würde. Bei 16.000 Startern, die meisten davon in Oudenaarde, rechnete ich mit einem ziemlichen Verkehrschaos. Das blieb aber dank sehr guter Parkleitung durch den Veranstalter aus und so standen wir planmäßig und wunschgemäß morgens gegen 7:30 Uhr im Nieselregen auf dem Parkplatz „Tom Boonen“. Von dort ging es etwa 2 km durch den Ort bis in den Startbereich, wo uns der Streckensprecher freudig das extra organisierte flämische Wetter anpries. Die Einheimischen sagen ja, dass es bei gutem Wetter keine echte Flandernrundfahrt wäre. Na gut, wenigstens schon ein ToDo vor dem Start erledigt! 🙂

Was kann das flämische Kopfsteinpflaster im Vergleich zu Roubaix?

Kurz nach Sonnenaufgang ging es dann auch gleich auf die Strecke. Wir hatten uns für die 143er Version entschieden, die bis auf die Mauer von Geraardsbergen alle 17 klassifizierten Anstiege enthielt, die die Profis am nächsten Tag ebenso in Angriff nehmen würden. Dazu muss man wissen, das klassifizierte Anstiege in Flandern fast immer zweistellige Steigungsprozente in der Spitze, nie mehr als 100 Höhenmeter und selten mehr als 1 km Länge haben. Etwa die Hälfte davon ist dafür mit Kopfsteinpflaster „gewürzt“ was das Fahren insbesondere bei Nässe nochmal deutlich erschwert.
Anfangs ging es flach aus Oudenaarde raus und es bildeten sich Grüppchen. Schon nach 9km folgt nach kurzem Vorspiel direkt der erste Berg: Der 700m lange Wolvenberg bietet in der Mitte stolze 17 % und weckt die Beine gleich mal richtig auf. Zwar ist der Berg durchgehend geteert, doch direkt danach geht es wellig über Pflaster leicht rauf und runter. Nach diesem Opener ist man endgültig im Kurs angekommen! Nach jedem Anstieg gibt es ein Gipfelschild mit der Entfernung zum nächsten Anstieg. 11 km sollen es vom Wolvenberg bis zum Molenberg sein und ich traue meinem Garmin Edge nicht ganz, als ich kurz nach den beiden Kopfsteinpflaster-Passagen schon wieder bergauf fahre. Es geht zweistellig in einen Ort hinein, aber das Hinweisschild auf den Namen des unerwarteten Anstiegs suche ich vergebens. Nach kurzer Abfahrt kommt dann doch der Molenberg. Mit 14 % geht es hier eng und winklig über ziemlich grobes Pflaster bergauf bis zu einer Windmühle. Hätte mich bei dem Namen auch gewundert, wenn das nicht so gewesen wäre…
Ein paar ebenfalls unerwartete Steigungen später hört dann der Regen auf und es geht auf ein nur leicht steigendes Pflasterstück namens „Paddestraat„. Diese und die später folgende „Mariaborrestraat“ sind die beiden einzigen, über 2 km langen Kopfsteinpflaster-Passagen der Flandernrundfahrt. Gespannt auf den Vergleich zu Roubaix nehme ich die Hände an den Oberlenker und gebe Gas! Ein Bergfloh werde ich nie, aber Pflaster kann ich 😉 ! Mit den ersten Sonnenstrahlen des Tages arbeite ich mich an vielen, offensichtlichen Pflasternovizen vorbei und wundere mich über doch einige verlorene Flaschen und sogar aus dem Rahmen gerissenen Flaschenhalter, denn so wild ist das Pflaster hier wirklich nicht. Bis auf Ausnahmen ist das Pflaster im Nordwesten Belgiens gerade statt gewölbt, hat kleinere, flachere Steine und engere Zwischenräume. Nicht zu vergleichen mit den groben Pisten im französischen Norden. Daher stellt sich auch die Materialwahl als richtig heraus. Die Flandernrundfahrt kann man getrost mit dem normalen Rennrad bestreiten, wenn zumindest 25er Reifen drauf gehen. Ich hatte die gleichen 28er Specialized Roubaix Pro drauf, die sich letztes Jahr in Roubaix auf dem Crosser bewährt haben. Dieses Jahr halt auf einer 19 mm schmalen Felge mit 6 bar statt 5 bar auf 25 mm Felge. Sie haben wieder sehr souverän ihren Job erledigt und vermittelten ein vertrauenerweckendes Fahrverhalten und passen gerade so durch den Rahmen meines Lapierre Xelius SL. Auch das Lenkerband muss nicht aufgepolstert werden. Mit dem 2,5er Lizard Skins ging das ganz wunderbar. Als beste Investition erwies sich jedoch der WiFli-Kit von Sram. Ohne mein 32er Notritzel wäre ich heute sicher nicht weit gekommen, denn Wiegetritt auf nassem Pflaster ist selten eine gute Idee.

An der ersten Verpflegung wird der Tausch von Regenjacke auf Windweste vom wieder einsetzenden Nieselregen unterbunden und es geht weiter wellig auf und ab. Gerade auf diesem Abschnitt, der uns bis auf wenige hundert Meter wieder an den Zielbereich heran führt, kommen zu den fünf klassifizierten Anstiegen noch viele mehr oder weniger kleine Wellen dazu. Mittlerweile bin auch ich ziemlich durchgeweicht und ausgekühlt. Durch den ständigen Wechsel aus Rauf/Runter und Rechts/Links kommt auch kein echter Flow auf und ich quäle mich zum überwiegenden Teil auf dem kleinen Kettenblatt durch den Wechsel aus Wäldchen und Feldern. Ist Aussteigen eine Option? Wir sind ja gleich wieder in Oudenaarde. Irgendwie hatte ich es mir anders vorgestellt. Steile Rampen, klar, aber ich hatte auf mehr flache Rollerpassagen zum Erholen gehofft. Das Wetter macht es zwar authentisch, aber alles andere als gemütlich. Es ist gerade mal Halbzeit, die großen Kaliber kommen noch und ich bin so platt, als wäre ich gerade das 1.Mai-Rennen gefahren. Aber zum Glück hab ich ja versprochen, einen schönen Reisebericht zu schreiben! Da kann ich mir ja nicht die Blöße geben und vor dem interessanten Teil kneifen! Außerdem kommt nun endgültig die Sonne raus und vertreibt die Wolken. Dafür kommt halt jetzt etwas Wind – authentisch eben – und trocknet das klamme Trikot.
Also geht es weiter Richtung Südwesten auf die letzte Schleife. Große Namen erwarten uns hier und schon nach wenigen Kilometern, als wir gerade einen Radweg entlang rollen, stehen dort zwei Streckenposten und weisen eindeutig hämisch nach links. Der Koppenberg ist im Blick! Ich sehe, wo ich gleich hoch muss und frage mich, wer auf die Idee kommt, so einen Weg zu bauen. Es hätte wahrscheinlich ein dutzend Möglichkeiten gegeben, auf diese Kuppe hoch zu kommen, aber man hat eine 500m lange, ziemlich gerade Linie gewählt, auf der es mit 22 % auf richtig grobem Pflaster auch mächtig zur Sache geht. Ich ordne mich als langsamer Fahrer auf der rechten Seite ein, damit die schnellen Jungs wenigstens versuchen können, durch zu fahren (wenige schaffen es) und muss damit leider auch auf die feuchte Seite und unweigerlich vom Rad. 50m bewege ich mich schiebend fort (Speedplay-Platten auf nassem Kopfsteinpflaster – Herausforderung Mk2!) und sinniere über die Niederlage gegen den Koppenberg. Ist er fahrbar? Sicher nicht für jeden. Für mich? Bei trockenen Bedingungen und weniger Vorbelastung vielleicht. Die in der Rennvorbereitung gelesenen Horrorstories zum Koppenberg, den zumindest im Nassen auch nicht alle Profis fahren und der, ähnlich wie die Kappelmuur, aufgrund seiner Gefährlichkeit jahrelang aus dem Programm genommen wurde, bauen mich wieder auf. Zumindest habe ich gegen einen großen Gegner verloren…, aber noch sind wir nicht oben. Es wird jedoch flacher. Also wieder rauf aufs Rad! Nach zwei durch Wheelslip gescheiterte Anfahr-Versuche gelingt der dritte Versuch dank Geländer und Anschiebehilfe meines Mitfahrers Matthias. Geschafft! Immerhin fahrend raus gekommen! Es folgt kurz darauf mit der Mariaborrestraat eine flache, aber über 2 km lange Pflasterpassage, die mich wieder richtig aufputscht und so gehen trotz der dicken Beine die nächsten Berge, mit immerhin so klangvollen Namen wie Taaienberg (16%) und Kanarieberg (14 %) überraschend gut.
Bald ist die letzte Verpflegung in Ronse erreicht und die Speicher werden mit Orangen und Meli-Kuchen wieder aufgefüllt. Hier kommen alle Strecken durch und es ist richtig voll. Hoffentlich kommt es nicht doch noch zu Staus. Diese wurden im Vorfeld in Foren immer wieder erwähnt, aber bis auf wenige Momente stand mir auf der Strecke selten jemand unangenehm im Weg. Wenn man es nicht zu verbissen angeht (ist ja auch kein Rennen) geht es erfreulich gut. Nur merkt man mittlerweile auf den Abfahrten, dass bei vielen die Konzentration leidet und Linien häufiger geschnitten werden. Also Geist und Körper erfrischen und Attacke!
Nur noch etwa 33km sind es von hier bis ins Ziel, die letzten 16 davon sogar flach. Dafür stehen noch 5 Berge in enger Abfolge auf dem Programm, inklusive des Finales über Kwaremont und Paterberg. Direkt aus Ronse heraus kommt mit vollem Magen die Kombination aus Kruisberg und Hotond. Der Kruisberg sieht von den Zahlen her (maximal 8,5 %) vergleichsweise zahm aus, zieht durch das grobe Pflaster aber doch ordentlich und es zuckt erstmals in der Wade. Nach wenigen hundert Metern geht es direkt mit dem Anstieg Hotond weiter, welcher eigentlich nur eine leicht um eine Kuppe gewundene Landstraße ist. Der fällt einem im normalen Fahren wirklich nicht auf. Zusammen mit dem Kruisberg ergibt die Hotond aber den einzigen Anstieg des Tages mit mehr als 100 m Höhenunterschied. Nach einer schnellen Abfahrt (ja ihr Bergflöhe, auch bergab zählt das Gewicht – nur eben anders herum!) folgt die Karmelkbeekstraat, im Kopf steht aber schon der Oude Kwaremont an. Gelesen habe ich viel über ihn und Fotos hat es auch jede Menge im Netz. Nicht so steil soll er sein (maximal 12 %), dafür aber grobes Pflaster und über 2 km lang. Oft genug fiel hier (wie übrigens auch in diesem Jahr) die Entscheidung im Profirennen. Bloß nicht nochmal schieben! Das muss jetzt gehen!!
Während mir die Gedanken durch den Kopf schießen, nähere ich mich einer Straßensperre, an der alle Radfahrer ohne Startnummer abgewiesen werden. Ich darf (oder muss?) durch. Die ersten Festzelte stehen am Weg, es wird ernst. Vor mir tut sich eine grüne Beule auf, die den Weg verschluckt. Man sieht nicht, wie und wo es hoch geht. Flaues Gefühl im Magen. Die ersten Meter sind Betonplatten und nicht sehr steil. Bloß nicht in Sicherheit wiegen lassen! Das Pflaster beginnt mit moderaten 6%. Allerdings ist es hier wirklich gewölbt und die Zwischenräume sind wirklich groß.

 

Einmal versinkt mein Vorderrad zentimetertief in eine Furche, kommt aber zum Glück wieder unbeschadet heraus. Jetzt heißt es kämpfen! Es geht in einen Hohlweg und es wird richtig steil. Zum Glück sieht man aber Licht in Form von Häusern am Ende des Tunnels und auf einmal fahre ich über eine Fotoschranke und an klatschenden Menschen vorbei. Schon vorbei? Kann das sein? War das schon alles? Eindeutig nein. Das steilste Stück hab ich zwar geschafft, aber der Kwaremont lässt nicht locker. Bei einstelligen Prozenten zieht sich das Pflaster noch über einen Kilometer und zum Ende hin nochmal leicht an. Dann ist es geschafft! Also, geht doch!!!
Mit Hochgefühl geht es in eine kurvige Abfahrt über Feldwege rasant abwärts. Ich mache lieber piano, denn wer hier fliegt, findet sich im Gebüsch wieder. Letztes Jahr ist Peter Sagan hier wie eine gesengte Sau runter gesaust und hat sich seinen Vorsprung auf Fabian Cancellara erhalten, der ihm zu seinem ersten Monumentensieg reichen sollte, denn Cancellaras Attacke am Paterberg kam zu spät.

Paterberg!?!

Paterberg! Da kommt noch was! Irgendwie hatte ich den aktiv verdrängt. Doch schon rausche ich auch hier wieder an Festzelten vorbei und muss für eine Rechtskurve stark abbremsen. Ohne Schwung fahre ich aufs Pflaster, welches sich vor mit in die Höhe schraubt. Wer baut denn so was? Schnurgerade den Hang hinauf! Man bekommt kaum den Kopf weit genug in den Nacken, um nach oben zu schauen. Wenigstens das Pflaster ist in einem vergleichsweise guten Zustand. Erscheint logisch, denn freiwillig nutzt diese Rampe wohl kaum jemand. Nach vielleicht 200 m erreiche ich das steilste Stück von 27 % und komme fast zu Stillstand. Kurz nach einem geeigneten Halteort gesucht, um niemandem im Weg zu stehen und runter vom Rad. Es wird doch nochmal geschoben. Das hatte ich befürchtet und durch einpacken der Gehilfen für die Speedplay-Platten vorgesorgt. Da mir diesmal ein längeres Stück Schieben bevorsteht, lohnt sich das auch. Die meisten schieben am Rand oder auf der Wiese. Schuhe rutschen über Stein, ein Schlauchreifen explodiert einfach neben mir. Die Karawane der Schiebenden zieht den Berg hoch. Es gibt dennoch einige, die es fahrend dieses letzte Monster hoch schaffen. Chapeau!

Am Gipfel erwartet mich dann ein Schild, welches noch 16 km bis zum Ziel ausschreibt und aus der Fernsehübertragung weiß ich, jetzt ist es wirklich flach! Noch schnell ein paar Fotos gemacht und Matthias eingesammelt und ab geht es. Es gibt wieder kleine Grüppchen und etwas Windschattenfahren. Auf breitem, sauberen Asphalt geht es dem Ziel entgegen und so rollen wir nach fast 6,5 h Fahrzeit in den Zielbereich. Geschafft! Vom Profiziel außerhalb von Oudenaarde geht es durch die hübsche Altstadt zurück ins Startareal. Jetzt Pommes! Mit dem belgischen Nationalgericht in der Hand und der Aussicht auf einige belgische Biere am Abend (Leffe und natürlich Kwaremont!) lassen wir den Tag ausklingen und freuen uns aufs Profirennen am nächsten Tag.

Mein Resumé

Die ganze Veranstaltung war von Anfang bis Ende perfekt organisiert. Vom Parken über Ausschilderung, Helfer und Verpflegungsstellen – alles prima! Die machen das ja auch nicht zum ersten Mal, aber man merkt auch, dass der Radsport in Belgien, insbesondere die Ronde, einen besonderen Stellenwert hat. Obwohl wir „nur“ als Jedermänner unterwegs waren, gab es doch immer wieder Stellen, wie am Kruisberg oder Kwaremont, wo beträchtliche Menschenmengen sich die Veranstaltung ansahen und uns lautstark unterstützten. Die Vorfreude auf das Volksfest am Sonntag stieg.
Die abendliche Auswertung des Tracks am Computer klärt dann auch über die vielen Überraschungsanstiege auf. Anscheinend ist die Klassifizierung der Berge nicht ganz eindeutig. Weder an der Steigung, noch an der Länge lässt sich genau ausmachen, was aus einem Hügel einen Berg macht. Je nach Zählweise sind wir heute irgendwas zwischen 30 und 45 Hügel und Berge gefahren. Lediglich die etwa 30 km rund um Oudenaarde im Scheldetal waren flach. Wer meint, Belgien wäre flach, der kennt nur den Teil nördlich der Schelde! Die flämischen Ardennen haben uns heute ganz schön alle gemacht und weiter südlich gibt es ja dann auch noch die wallonischen Ardennen mit bis zu 400 m Höhe…

Sonntag – Renntag der Profis

Am Sonntag sind wir wieder in Oudenaarde und sehen uns das Profirennen der Damen und Herren am Kwaremont an. Nach kurzer Wanderung über Felder (immer den Locals folgen, egal wo die lang gehen!) stehen wir am Steilstück des Kwaremont und sind genau rechtzeitig zur ersten Durchfahrt der Herren vor Ort. Schon hier ist der Lärmpegel erstaunlich und er steigt mit jeder Durchfahrt. Als nächstes kommen die Damen, die schon im Finale sind und drücken elegant-kraftvoll den Kwaremont hoch. Für die Damen ist die Ronde neben der WM und Olympia das wichtigste Rennen überhaupt im Kalender. Nirgends gibt es so viel Publikum. Sowohl bei den Damen, als auch bei den Herren sind übrigens keine Spezialräder und auch kaum Scheibenbremsen zu sehen. Viel Bremsen muss man hier sowieso nicht.
Die Stimmung an der Strecke ist wieder ganz besonders. Schon aus Roubaix vom letzten Jahr kenne ich es, dass Belgier zwar hacke-dicht sein können, es aber null Aggressivität gibt. Es wird ausgelassen gefeiert, gesungen, campiert und jeder angefeuert, der irgendwie (zu Fuß, auf dem Polizeimotorrad, etc.) den Berg hoch kommt. Selbst die dem Feld vorrausfahrenden Polizeimotorräder verbreiten Stimmung und spielen ein deutlich fröhlicheres Warnsignal, als unsere deutschen Kollegen. Richtig laut wird es dann bei der zweiten Durchfahrt der Profis, als der Volksheld Tom Boonen dem späteren Sieger und aktuellem belgischen Meister Philippe Gilbert die entscheidende Attacke anzeigt. Leider sieht man unserer deutschen Hoffnung John Degenkolb schon hier an, dass ihm doch einige Körner fehlen werden, dafür ist Andre Greipel erfreulich gut dabei.
Bei der entscheidenden dritten Durchfahrt passiert Gilbert den Kwaremont solo und mit einem Gesichtsausdruck aus Vorfreude und Schmerz. Kurz darauf stürzt Favorit Peter Sagan nach einem Fahrfehler und nimmt sich damit praktisch aus dem Rennen und hält auch Mitfavorit van Avermaet entscheidend auf. Als Gilbert zum letzten Mal den Paterberg hoch muss, ist er völlig fertig und ich hätte mich nicht gewundert, wenn er auch abgestiegen wäre. Aber O.K., der Mann ist halt Profi und kann im Gegensatz zu mir die letzten Kräfte mobilisieren und nach einer irren Solofahrt souverän dieses Monument gewinnen. Ich gönne es ihm und natürlich ist auch das lokale Publikum mit dem Sieg des belgischen Meisters versöhnt, obwohl der eigentliche Volksheld Tom „Tommeke“ Boonen nach einem technischen Defekt in der Entscheidung keine Rolle mehr spielte. So endet das Volksfest aka Flandernrundfahrt ausgelassen und friedlich und wird mir lange in Erinnerung und in den Beinen bleiben.

Ein schönes Flandern-Wochenende geht zu Ende

Mit zwei flachen Touren an der Küste lasse ich mein Flandernwochenende ausklingen und ziehe als Fazit, dass zumindest für einen Fahrer meiner Statur die Ronde anspruchsvoller, als Roubaix ist. Das ständige auf und ab kostet doch mehr Körner, als das ruppigere Pflaster, besonders, weil man sich praktisch nicht erholen kann. Wenn ich am 1.Mai den „Ruppertshainer“ (Rund um den Finanzplatz Eschborn Frankfurt) hoch fahre, wird dieser jedoch eindeutig seinen Schrecken verloren haben. Den Plan, irgendwann mal den bergigsten Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich zu fahren, habe ich gleich verworfen, aber vielleicht versuche ich mich ja mal zukünftig am Amstel…

Daniel Gronert - Ladengeschäft Kronberg
Ein Beitrag von: Daniel Gronert – HIBIKE Ladengeschäft Kronberg im Taunus

One thought on “Flandernrundfahrt 2017 oder auch Achterbahnfahrt durch die flämischen Ardennen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.