Mit der neuen SRAM GX Eagle AXS möchte SRAM die elektronische Schaltung am Mountainbike für die breite Masse zugänglich machen. Was kann der „elektrische Kettenwerfer“ in der Praxis? Das und mehr hat Daniel in seinem Test für euch heraus gefunden.
Da ist sie also. Die jüngste und günstigste Version der elektronischen AXS (spricht man wie access) Familie aus dem Hause SRAM. Bisher gab es diese Technologie jeweils nur für die beiden höchstwertigen Schaltgruppen der Rennrad- und MTB-Familie. Nun bekommt auch die Mittelklasse-Gruppe GX eine elektronische Schwester und das zu einem wirklich erschwinglichen Preis. „For all rides. All the Time. All day“ ist der Slogan für die neue Gruppe, welcher den Anspruch unterstreicht mehr als nur eine Downgrade-Version der großen Schwestern, sondern eine haltbare, vielseitige und preiswerte Variante auf den Markt gebracht zu haben. Ob dem so ist, durfte ich noch vor der offiziellen Vorstellung testen!
Kistlein öffne dich
Als „meine“ GX Eagle AXS ankam, war die Freude natürlich groß! „Deine Gruppe ist da!“ kam die Mitteilung aus dem Büro am freien Tag. Also schnell ins Geschäft und mit einem schweren Pappkarton wieder heim. Zu Hause kam dann das Staunen, denn SRAM hatte eine hochwertige, mit einem Zahlenschloss gesicherte Schatzkiste geliefert. Na die geben aber Gas! Den Zahlencode des Schlosses zu knacken war nicht schwer, wenn man sich ein wenig mit der Materie auskennt und schon lag sie vor mir. So gar nicht mittelklassig, kommt die Schaltgruppe in der dunkelgrauen „lunar“-Optik daher.
Nicht zu auffällig und passt praktisch an jedes Bike. Genau das soll sie ja. Neben den beiden Hauptkomponenten, lag separat der Akku, ein Ladegerät und eine Einstellehre bei. Dazu ein Kettenschloss in einer Schatulle. Ja, die geben wirklich Gas!
Der erste Eindruck
Schon beim Einsetzen des natürlich vorher vollgeladenen Akkus fällt auf, dass das Schaltwerk ein ganz schöner Klopper ist. Klar, da ist ein Stellmotor und ein Akku dran und Horizontalschaltwerke mit Wippunterdrückung für eine Kapazität von 52 Zähnen waren auch ohne die elektronischen Komponenten nicht klein. Mit 466 g bringt es trotzdem satte 170 g mehr auf die Waage als sein mechanischer Kollege. Die etwa 100 g Mehrgewicht zu den großen Schwezsren XX1 AXS oder X01 AXS ergeben sich durch den Einsatz von Edelstahl statt Carbon und Titan Das macht das Schaltwerk zwar schwerer, aber auch robuster. Wie es sich gehört ist auch ein Knopf und eine LED dran. Der AXS-Knopf dient zur Verbindung und die LED zeigt das Ausführen des Schaltvorgangs und den Ladezustand des Akkus an. Ganz neu und auch mit den anderen AXS-MTB-Gruppen kompatibel ist das Battery Cover, welches den Akku umschließt und gegen Schläge durch aufgewirbelte Steine o.ä. schützen soll. Dieses wird es übrigens für 20 EUR als Nachrüstteil geben und passt auch an die XX1 und X0! AXS-Schaltwerke. Auch der Schaltmechanismus selbst schütz sich durch die eine Überlast-Kupplung, welche bei einem Schlag auf das Schaltwerk dieses kurzfristig vom Motor entkoppeln und so das Schaltgetriebe schützen soll.
Ganz anders kommt da der filigrane Controller daher. Keine Zugspule oder Stellschraube plustert hier das Gerät unnötig auf. Sendeeinheit, Batteriefach und Schaltwippe verbinden sich zu einer kleinen, mit Halteschelle nur 80 g “schweren“ Einheit. Gerade mal 10 g mehr als die Controller der XX1 und X01-AXS. Da liegt sogar mein geliebter Gripshifter drüber! Aber Gewicht ist weder bei AXS noch bei GX das Thema Nummer eins. Funktion steht hier ganz vorn und so verfügt der Controller über drei, per App beliebig programmierbare Tasten. Die dritte Taste, standardmäßig mit einem Schalvorgang in einen schwereren Gang belegt, kann zum Beispiel auch eine Reverb AXS ansteuern. Wer es lieber mag und diese Neuerung an der Neuheit vermisst, kann den Controller auch nachträglich auf die kompatiblen Rocker-Paddles umbauen.
Aber Moment? Eine App? Ja, eine App gibt es natürlich auch! Alle AXS-Komponenten arbeiten mit Bluetooth und ANT+ und können so Daten wie die Auswertung der Schaltvorgänge oder eben die Tastenbelegung steuern und den Akkustand auslesen. Das kann man nutzen, muss man aber ausdrücklich nicht, um die Schaltung betreiben. Gut so.
Montage und Einstellung der SRAM GX Eagle AXS
Die Montage ging schnell und einfach…sagt mein Mechaniker. 🙂 Die Schaltung justiert sich praktisch selbst und da man sich gegenüber der „guten alten Zeit“ weder mit einem zweiten Schalthebel, einem penibel zu justierenden Umwerfer und der richtigen Länge von Schalzughüllen herum schlagen muss, geht die Sache wirklich fix. Ein ausdrückliches Lob auf diesen Fortschritt! Das Schaltwerk prangt stolz und dank seiner Farbe doch zurückhaltend am Hinterrad, während sich der Controller fast scheu unter der Bremse versteckt.
Die SRAM GX Eagle AXS im Praxis-Test
Jetzt kann es endlich auf den Trail gehen! Leider blieb zwischen Verbauen und der Veröffentlichung dieses Texts für einen arbeitenden Menschen nicht sooo viel Zeit zum Biken und es konnte keine Mördertour gerockt werden, der die Kapazität des Akkus (laut SRAM 20 h) an ihre Grenzen bringt, aber wo sonst merkt man Veränderungen besser als auf den Hometrails? Also ab gen Taunus bei kühlen, stürmischen Verhältnissen. Der Flowtrail ruft!
An meinem bewährten Trek Top Fuel-CC-Bike mit ovalem 32er Kettenblatt ginge es raus aus dem Ort und die Erwartung war natürlich groß und die ersten Schaltvorgänge sind wie der Beginn eines guten Films! Volle Aufmerksamkeit! Was macht das Teil? „Witsch, witsch“ macht das Teil! Auf Asphalt hört man den kleinen Stellmotor durchaus bei der Arbeit, aber das ist nicht störend und man gewöhnt sich sehr schnell dran. Spätestens dann, wenn die Stollenreifen abseits der Straße rollen ist das Geräusch eh ausgeblendet.
Die Schaltlogik fiel mir bei der Montage gar nicht so sehr ins Auge. 16 Jahre Gripshift stumpfen da wohl ab, aber tatsächlich folgt diese der Logik der bekannten Trigger, auch wenn man bei AXS-Controller nicht zwei getrennte Hebel, sondern eine Wippe vor sich hat: Ein Druck am Lenker vorbei schaltet in einen leichteren Gang. ein Druck zum Lenker hin schaltet in einen schwereren Gang. Mehrere Gänge übrigens nur durch mehrfachen Tastendruck, aber das geht trotzdem sauschnell! Dank kurzer Hebelwege und exakt stellendem Schaltmotor ist man beeindruckend schnell und präzise im gewünschten Gang.
Die Schaltwippe bildet eine Mulde für den Daumen und erlaubt so sehr schnelles Schalten. Zu schnell manchmal, denn wenn man den Daumen vom Lenker nimmt um den Hebel zu bedienen kann es schon mal vorkommen, dass man die sehr weit vorn liegenden Tasten, meist am oberen Teil unbeabsichtigt trifft und schaltet. Mit Winterhandschuhen sowieso. Da es sich um eine Wippe handelt, kann das in beide Richtungen gehen. Den Controller sollte man also sehr exakt nach seiner persönlichen Ergonomie justieren. Das geht dank der an zwei Punkten montierbaren Schelle sehr gut, ist aber auch notwendig.
SRAM wirbt auch damit, dass man mit der AXS auch unter Vollast präzise schalten kann. Das musste natürlich auf der ersten Rampe gleich mal getestet werden. „Witsch, kronk“. Ja, der Gang sitzt und er ist auch nicht durch gerutscht. Die E-Biker mit Motor-Dauerlast auf der Kette freut das sicher besonders. Trotzdem ist das eine Kettenschaltung und man kann sicher auch unter Last damit prima schalten, aber auch eine Kettenschaltung freut sich darüber, wenn man im Schaltvorgang etwas Last von der Kette nimmt. Dann nämlich wechselt die GX Eagle AXS die Gänge butterweich und kaum hörbar. Selbst die großen Gangsprünge an den Berggängen gehen einwandfrei und deutlich leichter, als bei der mechanischen Gruppe. Ein Genuss hoch 12!
Irgendwann geht es dann aber auch mal bergab auf feinen Taunustrails und auch wenn dabei der Schwerpunkt eher auf dem Fahrwerk und den Bremsen statt auf der Schaltung liegt, macht die GX Eagle AXS hier einen feinen Job. Präzise Gangwechsel auch in den schnellen Gängen fördern hier den Fahrspaß und nach etwas Gewöhnung an die Ergonomie klappt auch das Zusammenspiel zwischen Fahrer und Controller immer besser.
Mein Fazit zur SRAM GX Eagle AXS
Spaß ist am Ende des Tages auch das, was bleibt, denn – seien wir ehrlich – uns Hobby-Fahrer macht die AXS-Version der GX Eagle wohl kaum schneller und Fahrrad fahren konnte man früher auch mit 9-fach und 26“. Aber es macht einfach einen Höllenspaß mit elektronisch-blitzschnell und sauber eingelegten Gängen durchs Gelände zu ballern! SRAM macht mit diesem Set die AXS-Technologie für Normalbiker erschwinglich. Das Upgrade-Kit liegt mit 620 EUR etwa auf dem halben Preis der bisherigen Sets . Zwar 620 EUR sind immer noch Geld, aber der Spaß ist es wirklich allemal wert! Die GX-Variante spielt dabei auf einem derart hohen Niveau, dass man die beiden höher angesiedelten Gruppen wirklich nur noch für geringeres Gewicht und Image benötigt.
SRAM GX Eagle AXS
Hallo Daniel,
Du schreibst „ Mehrere Gänge übrigens nur durch mehrfachen Tastendruck“. In der SRAM AXS App kannst Du das gewünschte Verhalten einstellen. Mit langem Knopfdruck 2/3 Gänge schalten oder die ganze Kassette durchschalten.
Das geht bei meiner X01 und sollte bei der GX identisch sein.
Hallo Peter,
vielen Dank für das nette Feedback! Das werden wir an Daniel weitergeben und ausprobieren.
Beste Grüße aus dem Taunus,
Nick – HIBIKE-Marketing