Der Staub hat sich gelegt, die Fahrerinnen und Fahrer sind nach ihrem großen Abenteuer im Taunus wieder in den Alltag zurückgekehrt und die vierte Ausgabe von Taunus Bikepacking ist nun Geschichte. Neben beeindruckenden sportlichen Leistungen standen vor allem wieder Geschichten von Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft im Vordergrund. Obwohl die Fahrer selbstversorgt unterwegs sind und darauf eingestellt, sich bei jeglichen Problemen selbst helfen zu können, gab es nämlich immer wieder unerwartete Unterstützung.
53 Fahrer und Fahrerinnen standen an der Startlinie der vierten Taunus Bikepacking-Ausgabe und stellten sich der großen Herausforderung. Es galt, eine äußerst anspruchsvolle Strecke mit 1.000 Kilometer Länge durch den Taunus zu befahren, ohne fremde Hilfe und komplett auf sich allein gestellt. Am Start waren sowohl äußerst erfahrene, versierte Langstreckenfahrer als auch absolute Neulinge, die sich zum ersten Mal an einer Bikepacking-Tour versuchten. So unterschiedlich wie die Hintergründe waren auch die gesetzten Ziele. Die meisten wollten einfach durchkommen und das Ziel erreichen, was auf einer solchen Strecke wirklich nicht selbstverständlich ist. Andere hatten sich eine Zielzeit gesetzt.
Der Startschuss beim Taunus Bikepacking 2021
Los ging es am 15. Juni einzeln, in Abständen von jeweils einer Minute. Schnell vermischte sich das Fahrerfeld und sortierte sich nach und nach. Am Ende des ersten Tages war das Feld bereits über viele Kilometer auseinander gezogen. Während die ersten nach gut 100 Kilometern einen Schlafplatz aufsuchten, fuhren andere einfach immer weiter in die Nacht hinein. Joseph Thomas aus England und der Belgier Guido Dreesen setzten sich an die Spitze des Feldes und erreichten schon nach etwa 34 Stunden – nur durch wenige Minuten getrennt – den Kontrollpunkt auf halber Strecke. 500 Kilometer über Stock und Stein hatten sie zu diesem Zeitpunkt schon zurückgelegt.
Die mutigen Teilnehmer und Teilnehmerinnen hatten bereits ab dem ersten Tag nicht nur mit den vielen Anstiegen, sondern auch mit großer Hitze zu kämpfen. An den Südhängen des Taunus, in den Weinbergen des Rheingau, staut sich die warme Luft besonders stark und es gibt kaum Schatten. In Verbindung mit der Anstrengung kam es dadurch bald zu den ersten Ausfällen. Manche Fahrer bekamen ernsthafte Probleme, genug Flüssigkeit und auch Nahrung zuzuführen. Andere erlitten technische Defekte. Neben Kondition, Durchhaltevermögen und fahrerischem Können gehört schließlich auch ein gehöriges Quäntchen Glück dazu, eine Tour wie Taunus Bikepacking erfolgreich abzuschließen.
2 Tage, 23 Stunden, 10 Minuten
Einen ehrgeizigen Plan und noch dazu das nötige Glück hatte Joseph Thomas. Nach unglaublichen 2 Tagen, 23 Stunden und 10 Minuten erreichte er bereits das Ziel auf dem Kapellenberg in Hofheim. Um das zu erreichen, fuhr er nicht nur extrem stark, sondern reduzierte auch seine Pausenzeiten auf das absolut notwendigste. Es ist nicht überraschend, dass er erschöpft und müde war, aber mindestens genauso glücklich. Guido Dreesen und Oliver Näthe folgten ihm mit wenigen Stunden Rückstand. Femke van Kessel aus den Niederlanden war mit einer ebenfalls unglaublich schnellen Zeit von 4 Tagen, 2 Stunden und 39 Minuten die erste Frau im Ziel. Insgesamt war der Anteil schneller Zeiten dieses Jahr bemerkenswert.
Dabei ist aber zu betonen, dass es sich bei Taunus Bikepacking nicht um ein Rennen handelt. Es gibt nichts zu gewinnen und jeder kann so fahren, wie er oder sie mag. Anscheinend haben aber einige der Teilnehmer und Teilnehmerinnen den meisten Spaß daran, bei geringen Pausenzeiten lange Stunden im Sattel zu verbringen. Die letzte von insgesamt 31 Fahrern und Fahrerinnen, die das Ziel erreichten, war Sofie de Clercq aus Belgien. Und auch sie war alles andere als langsam: 8 Tage, 11 Stunden und 13 Minuten ist auf der anspruchsvollen Strecke mit mehr als 17.000 Höhenmetern eine wirklich beeindruckende Leistung.
Über den Taunus Bikepacking Spirit und Trail Magic
Sportliche Höchstleistungen sind aber nur ein Aspekt der tausend Kilometer durch den Taunus. Ehemalige Starter der vorherigen Ausgaben stellten sich an die Strecke und boten den Fahrerinnen und Fahrern kühle Getränke an. Der Selbstversorger-Gedanke erlaubt zwar keine geplante Hilfe von außen, wenn diese jedoch spontan und ungefragt erfolgt und dazu noch allen Fahrern und Fahrerinnen gleichermaßen zur Verfügung steht, dann handelt es sich um „Trail Magic“.
Und magische Momente wie diese sind es, die den Fahrerinnen und Fahrern lange im Gedächtnis bleiben werden. Anwohner an der Strecke boten in der Hitze nicht nur an, die Trinkflaschen aufzufüllen, sie boten unseren Helden und Heldinnen teilweise Lebensmittel und sogar Schlafplätze an. Mitglieder von Eintracht Frankfurt standen über mehrere Tage mit Luftpumpe und Ketten-Öl an der Strecke bereit, um sicherzustellen, dass auch die letzten Fahrer und Fahrerinnen das Ziel erreichen. Andere Radfahrer aus der Gegend waren so begeistert, dass sie spontan an die Strecke kamen, um Fotos zu machen oder sogar einzelne Fahrer ein Stück zu begleiten. Der mentale Effekt und die Motivation, die solche Begegnungen auslösen, ist nicht zu unterschätzen.
Ein besonderer Dank geht an alle freiwilligen Helfer, ohne die ein solches Event nicht durchzuführen wäre. Außerdem natürlich an all die anonymen Unterstützer, die immer wieder an der Strecke auftauchten, um anzufeuern oder sogar zu verpflegen.
Die fünfte Ausgabe von Taunus Bikepacking ist für Juni 2022 geplant. Wie jedes Jahr wird die Strecke wieder leicht verändert, dadurch wird sie aber nicht weniger anspruchsvoll. 1.000 Kilometer und mindestens 17.000 Höhenmeter auf unterschiedlichsten Untergründen sind nicht zu unterschätzen. Die Anmeldung für Taunus Bikepacking Nr. 5 öffnet voraussichtlich Ende Dezember.
Noch mehr Infos zum Event findest du auf www.taunus-bikepacking.com .